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Wertvolle Handwerkskunst: Das Teppichknüpfen

Geschrieben von Eva | 19. April 2019

Teppiche in allen Größen, Mustern und Farben sind sowohl Designelement als auch wärmender Wohlfühlfaktor in unseren Wohnräumen. Dabei erfreuen sich insbesondere handgeknüpfte Orientteppiche derzeit erneuter Beliebtheit.

Denn immer mehr Menschen möchten zurück zu mehr Ursprünglichkeit und Natürlichkeit, und erkennen die Bedeutung nachhaltiger Produkte. So wächst auch das Interesse an traditioneller, hochwertiger Handwerkskunst. Traditionelle Muster uralter Knüpftechniken sind ein wunderschöner Blickfang und lassen sich hervorragend mit modernen Einrichtungsstilen kombinieren.

 

Heutzutage gibt es viele Möglichkeiten, das schöne Wohnaccessoire zu erstehen: zum Beispiel im Möbelhaus oder Onlineshop, beim Teppichhändler oder auf dem Markt im Urlaub. Durch moderne, maschinelle Produktionsmethoden und Dumpingpreise manuell hergestellter Teppiche sind die flauschigen Bodenbeläge heute relativ günstig zu erstehen.

Doch ein echtes Unikat kann nur per Hand gefertigt werden und ist extrem aufwendig in der Herstellung. Für die Produktion eines manuell hergestellten Teppichs braucht es unzählige Arbeitsstunden sowie wahrhaftes handwerkliches Können, das nicht unterschätzt werden darf. Um den Wert traditioneller Teppichherstellung als uralte Handwerkskunst wieder ins Bewusstsein zu rufen, stellen wir Ihnen in diesem Artikel die älteste und langwierigste Art der Teppichproduktion vor: das Handknüpfen.

 

Herkunft des Teppichknüpfens

 

Die Kunst des Teppichknüpfens stammt wahrscheinlich von vorchristlichen Nomadenvölkern. In den kalten Steppen Zentralasiens stellten sie - neben Schafsfellen für eine wärmende Körperbedeckung - Teppiche für ihre Zelte her, um diese vor eindringender Kälte zu schützen.

Dazu verflochten sie Wolle von eigenen Ziegen oder Schafen zu flachen Geweben, die sie auf Böden und Wänden ihrer Zelte anbrachten. Geknüpfte Teppiche dienten damals also nicht nur zur reinen Isolation, sondern waren wie auch heute gleichzeitig ein dekoratives Element.

 

 
Handwerkskunst mit dem Knüpfrahmen 

 

Die ersten, einfachsten Rahmen für das Handknüpfen bestanden zunächst aus zwei Holzbalken, die im Boden angebracht wurden. Zwischen diesen beiden Balken wurde die Kette gespannt. Diese liegenden und zusammenklappbaren Knüpfrahmen waren für die umherziehenden Nomaden sehr praktisch und werden auch heute noch verwendet.

Im Laufe der Jahrhunderte verfeinerte sich die Knüpftechnik und auch die Rahmen wurden weiterentwickelt. So entstanden vertikale Knüpfrahmen, die die liegenden teilweise ablösten.

Im 16. Jahrhundert wurde in sogenannten Hofknüpfereien der persischen und indischen Herrscher die Kunst des Teppichknüpfens weiterentwickelt – sowohl hinsichtlich künstlerischer wie auch technischer Aspekte. Heute gibt es viele verschiedene Arten der Herstellung von Orientteppichen: Sie werden entweder von einzelnen Personen (Nomaden, Bauern) angefertigt oder entstehen unter Beteiligung mehrerer Personen in kleinen Ateliers und großen Manufakturen.

 

So entsteht ein handgeknüpfter Teppich

 

Die manuelle Herstellung von Teppichen ist äußerst aufwendig und erfordert ein hohes Maß an Sorgfalt. So dauert das Handknüpfen eines 300 x 400 cm großen Teppichs mit einer Knotendichte von 500.000 Knoten pro Quadratmeter etwa 600 Tage. Dies erklärt die hohen Preise handgeknüpfter Teppiche.

Neben dem Knüpfrahmen benötigt ein Teppichknüpfer weitere Werkzeuge wie Schere, Holz- und Metallkamm sowie ein Messer.

Bevor geknüpft werden konnte, musste traditionell zunächst das Florgarn hergestellt werden, das für das Knüpfen verwendet wird. Dazu wurde Wolle von Schafen (ganz früher auch Ziegen) versponnen, gefärbt und getrocknet.

 

 

Knüpftechniken und Knoten

 

Knüpfen bezeichnet hierbei den Prozess der Verbindung von Kette, Schuss und Knüpfknoten, der in das Grundgewebe eingearbeitet wird. Beim Teppichknüpfen wird das Florgarn nun also Reihe für Reihe um den Kettfaden geknotet, der im Knüpfrahmen gespannt ist. Mit einem Kamm werden Knotenreihen und Schussfäden fest zusammengedrückt.

Da jeder Knoten einzeln geknüpft wird, können hier die unterschiedlichsten Muster gestaltet werden.

Beim Knüpfen orientalischer Teppiche gibt es dabei zwei Arten von Knüpfknoten, die auch im selben Teppich verwendet werden können: den persischen Sennehknoten (auch „asymmetrischer Knoten“ genannt) und den türkischen Gördesknoten (auch „symmetrischer Knoten“ genannt). Neben den beiden Knoten existieren weitere Knoten, wie der tibetische und der marokkanische Knoten. Diese werden heutzutage allerdings selten angewendet.

Ist der Teppich fertig, wird er nochmal gewaschen. Neben dem Zweck der Reinigung hat der Waschvorgang u.a. auch Einfluss auf die Intensität der Farben und die Haptik des Teppichs. Sobald der Teppich wieder trocken ist, wird er nochmal mit der Schere getrimmt. So können die Länge des Flors bestimmt sowie eventuelle Fehler behoben werden. Fransen werden befestigt und die Längsseiten werden mit Randstickereien versehen (Langettierung).

 

 

Der Wert handgefertigter Teppiche

 

Wie bereits erwähnt, entscheidet die Dichte der Knoten pro Fläche über den Wert eines Teppichs. Denn mehr Knoten bedeuten mehr Arbeitsstunden und eine höhere Qualität sowie Lebensdauer des Produkts. Zudem spielen auch das verwendete Material, die Herkunft des Teppichs und sein Alter eine Rolle in der Bestimmung seines Werts.

Hinsichtlich der verwendeten Materialien wird neben Schafswolle, die für Flor, Kette und Schuss benutzt wird, zudem häufig Baumwolle für Kette und Schuss eingesetzt. Während Ziegenwolle früher für den Flor verwendet wurde, findet sie heute häufig für Kette, Schuss und als Langettierung Verwendung. Für besonders wertvolle Teppiche wird Seide für Kette, Schuss und Flor verwendet.

Übrigens unterscheiden sich maschinell hergestellte Orientteppiche von handgeknüpften an ihrer Rückseite. Die besten Maschinen zur Teppichherstellung können nicht so genau arbeiten, dass sie einen handgeknüpften Knoten exakt imitieren könnten.